Die Top 3 der Pannen beim Livestreaming (Teil 2)
Die meisten Fehler im Rahmen eines Livestreams lassen sich mit guter Planung im Voraus verhindern. Wir haben schon viele Adrenalinmomente erlebt und präsentieren deshalb auf livecrew.ch die Top 3 der Pannen beim Livestreaming.
Im ersten Teil dieser Blog-Serie thematisierte ich Fehler rund um Computer-Hardware und Software. Sie können Teil 1 hier lesen. In diesem Teil 2 der Mini-Blog-Serie geht es nun um Pannen, die entstehen, wenn über Wifi oder ungeeignete Netzwerke gestreamt wird.
Videostreaming benötigt viel Bandbreite, offene Schleusen und wenig Restriktion. Die drei Lieblingsfeinde eines guten Netzwerksystems...
Die weltweite Zunahme an Cyberkriminalität führt dazu, dass IT-Netzwerke innerhalb von Firmen immer besser gegen aussen geschützt werden. Doch je geschlossener ein Firmennetzwerk ist, desto aufwendiger wird es, über ein solches Netzwerk einen Livestream zu veranstalten. Hinzu kommt, dass aufgrund der Pandemie Netzwerke für den Zugriff aus dem Home-Office optimiert werden mussten. Für einen Streaming-Dienstleister wie livecrew bedeutet dies, dass vor jedem Livestream viele Abklärungen zum Netzwerk sowie ein Teststream gemacht werden müssen. Ist der Teststream nicht erfolgreich, wird in Zusammenarbeit mit der Firmen-IT versucht, zumindest für den Veranstaltungstag gewisse Sicherheitsmechanismen temporär zu lockern. Meistens müssen im Netzwerk ein paar definierte Ports geöffnet werden, die dann nach der Veranstaltung wieder geschlossen werden.
Livecrew hat ein eigenes Merkblatt erstellt, das im Voraus abgegeben wird, auf dem alle Voraussetzungen aufgeführt werden für einen erfolgreichen Stream. Doch was, wenn es trotzdem zu Problemen kommt?
Wenn das Netzwerk raucht...
Es gibt im Umfeld von Livestreams über ein Firmennetzwerk viele Problemzonen:
Kein Signal: Bild und Ton des Livestreams werden zwar gesendet, kommen aber auf Diensten wie YouTube oder Vimeo nicht an. Mögliche Ursache: Die erforderlichen Ports für Videostreaming sind im Netzwerk geschlossen und lassen das Signal nicht durch. Oder: Firewall verhindert den Stream.
Schlechte Bandbreite: Bild und Ton werden zwar gesendet und kommen auf der Gegenseite an, sind aber rucklig oder haben längere Aussetzer. Mögliche Ursachen: Das Netzwerk oder VPN ist auf normalen Internet-Traffic ausgelegt, aber nicht auf dutzende oder hunderte Videostreams. Oder: Es wird versucht, über WiFi zu streamen.
Plötzlicher Abbruch: Bild und Ton kommen auf der Gegenseite an, brechen aber nach wenigen Minuten ab und beenden den Livestream. Mögliche Ursache: Das Netzwerk oder VPN kann die erforderliche Bandbreite nicht mehr handeln.
Netzwerk-Switch macht Probleme: Ein mitgebrachter Switch, der sonst problemlos funktioniert, lässt sich nicht ins Firmennetzwerk integrieren. Mögliche Ursache: Der mitgebrachte Switch ist "managed" und wird von einem vorgeschalteten Switch deshalb aus sicherheitstechnischen Gründen eingeschränkt.
IP-Adressen-Fehler: Die Geräte für die Videoübertragung erhalten keine IP-Adressen. Mögliche Ursache: DHCP ist deaktiviert.
Oft sind die Ursachen solcher Probleme nicht auf die Schnelle lokalisierbar. Und wenn Netzwerk-Probleme während eines Livestreams auftauchen, kommt in der Regel jede Hilfe zu spät. Deshalb ist es in der Planung einer Live-Produktion extrem wichtig, dass man mögliche Fehlerquellen schon im Vorfeld erkennt und zusammen mit der IT des Kunden aus dem Weg räumt.
So können die meisten Netzwerkprobleme aus dem Weg geräumt werden:
Auch wenn es jetzt so scheinen mag: Livestreaming über ein Firmennetzwerk ist keine Hexerei. Mit guter Vorbereitung klappt es in den allermeisten Fällen. Folgende Tipps können dazu beitragen, dass am Versanstaltungstag alles läuft wie geschmiert:
Internet-Bandbreite testen
Video-Streaming in HD oder 4K benötigt einiges an Bandbreite - vor allem im Upload. Deshalb ist es von grösster Bedeutung, die Bandbreite und insbesondere den Upload-Speed im Vorfeld zu überprüfen und allenfalls durch den Provider temporär zu erhöhen. Den Upload-Speed kann man z.B. bequem mit TestMy.net/upload messen. Ideal sind pro Stream-Kanal in Full-HD 1080 mit 25 oder 30fps mindestens 20 Mbps Upload-Speed. Dieser Wert berechnet sich aus folgenden Idealwerten:
Hauptstream: 6Mbps + Sicherheitsmarge 4Mbps: 10Mbps
Redundanter Backupstream: 6Mbps + Sicherheitsmarge: 10Mbps
Total 20Mbps Upload Speed
Wichtig: Wenn mehrere Streams (z.B. eine französischsprachige Version) gesendet werden, muss der Upload-Speed entsprechend höher liegen.
Direkt zugewiesener Ethernet-Anschluss
Dort wo die Streaming-Hardware aufgebaut wird, sollte ein direkt zugewiesener Ethernet-Anschluss oder ein verlängertes Ethernet-Kabel vorhanden sein. Es ist ein absolutes No-Go, über W-Lan zu streamen. Eine kabelgebundene Leitung ist Grundvoraussetzung für stabiles Video-Streaming. Das Netzwerk sollte wenn immer möglich DHCP erlauben.
Firewall und Ports
Wenn eine Firewall im Betrieb ist, muss die Streaming-Lösung (z.B. YouTube, Vimeo) auf die whitelist gesetzt werden. In den Routereinstellungen müssen zudem mindestens folgende Ports geöffnet werden: 80 (HTTP/HTTPS), 443 (SSL), 1935 (RTMP), 2935 (RTMPS).
Datenverkehr im Gebäude und VPN
Es ist wichtig, dass das Netzwerk während einem Livestream keine intensiven Zusatzaufgaben erledigen muss. Deshalb sollten z.B. MitarbeiterInnen zum Zeitpunkt eines Livestreams keine datenintensiven Ressourcen aufrufen, insbesondere nicht über das Netzwerk oder über WIFI. Den Video-Stream verfolgen Personen im Haus am besten via Smartphone über das Mobilfunknetz (WIFI off!). MitarbeiterInnen im Homeoffice sollen den Videostream nicht via VPN schauen, sondern am Besten über ihr privates Netzwerk.
Für die ganz schwierigen Fälle muss ein Livestream auch mal am Netzwerk vorbeigeschleust werden.
Natürlich sind die beschriebenen Lösungsansätze nicht in allen Fällen realistisch. Gewisse Firmen haben derart restriktive Netzwerke, dass es nicht möglich ist, Ports zu öffnen oder die Firewall zu modifizieren. Für solche Fälle muss ein Livestream auch mal komplett am Firmennetzwerk vorbeigeschleust werden. Zum Beispiel mit einer Ad-Hoc-Internetleitung, die nicht am Netzwerk hängt sondern direkt nach Aussen geleitet wird.

Die mit Abstand bequemste und unkomplizierteste Lösung ist aber ein System, das mobile Netze bündelt. Livecrew hat ein eigenes LiveU-Komplettsystem mit mehreren 4G/5G-Modems, welche die Signale von verschiedenen Anbietern wie Swisscom, Sunrise und Salt bündeln und zu einem Empfangsserver oder Streamingdienst schicken. Dieses System kommt bei uns auch als Backup-Leitung zum Einsatz, indem ein Streamkanal über das normale Netzwerk zum RTMP-Server geschickt wird, und der zweite (Backup)-Kanal via LiveU.
Im dritten und letzten Teil geht es dann um das Thema "Audio". Denn die allermeisten und vor allem ärgerlichsten Pannen entstehen, wenn man vor lauter Bild den Ton-Bereich nicht gut vorbereitet.